§ 7 Vernichtung; Herausgabe; Rückruf; Entfernung und Rücknahme vom Markt

Gesetzesbegründung: § 7 enthält die Ansprüche des Inhabers eines Geschäftsgeheimnisses gegen den Rechtsverletzer auf Vernichtung, Herausgabe, Rückruf, Entfernung und Marktrücknahme. Vergleichbare Vorschriften existieren mit § 98 UrhG, § 43 DesignG, § 140a Absatz 2 PatG und § 18 Absatz 2 MarkenG. Die Ansprüche unterliegen nach § 9 dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall.

Der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses kann den Rechtsverletzer auch in Anspruch nehmen auf

1. Vernichtung oder Herausgabe der im Besitz oder Eigentum des Rechtsverletzers stehenden Dokumente, Gegenstände, Materialien, Stoffe oder elektronischen Dateien, die das Geschäftsgeheimnis enthalten oder verkörpern,

Gesetzesbegründung: Nummer 1 enthält den Anspruch des Inhabers eines Geschäftsgeheimnisses gegen den Rechtsverletzer auf Vernichtung oder Herausgabe der im Besitz oder Eigentum des Rechtsverletzers befindlichen Dokumente, Gegenstände, Materialien, Stoffe oder elektronischen Dateien, die das Geschäftsgeheimnis enthalten oder verkörpern. Er setzt Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie (EU) 2016/943 um.

Der Anspruch richtet sich damit auf die Gegenstände, in denen das Geschäftsgeheimnis selbst enthalten oder verkörpert ist. Der Anspruch setzt kein Verschulden voraus. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Gegenstände im Besitz oder Eigentum des Rechtsverletzers befinden. Unter die Vernichtung fällt bei elektronischen Dateien die Vernichtung sämtlicher eventuell vorhandener Kopien.

2. Rückruf des rechtsverletzenden Produkts,

Gesetzesbegründung: Nummer 2 enthält den Anspruch des Inhabers eines Geschäftsgeheimnisses gegen den Rechtsverletzer auf Rückruf der rechtsverletzenden Produkte. Die Vorschrift setzt Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie (EU) 2016/943 um.

Rechtsverletzende Produkte sind nach § 2 Nummer 4 Produkte, deren Konzeption, Merkmale, Funktionsweise, Herstellungsprozess oder Marketing in erheblichem Umfang auf rechtswidrig erworbenen, genutzten oder offengelegten Geschäftsgeheimnissen beruhen. Der Anspruch auf Entfernung umfasst alle rechtlich zulässigen Methoden. Für die Ansprüche auf Entfernung und Vernichtung reicht aus, dass der Rechtsverletzer eine faktische Verfügungsgewalt über die rechtsverletzenden Produkte besitzt.

3. dauerhafte Entfernung der rechtsverletzenden Produkte aus den Vertriebswegen,

Gesetzesbegründung: Nummer 3 enthält den Anspruch des Inhabers eines Geschäftsgeheimnisses gegen den Rechtsverletzer auf dauerhafte Entfernung der rechtsverletzenden Produkte aus den Vertriebswegen. Dass auch die dauerhafte Entfernung der rechtsverletzenden Produkte als Unterfall der Marktrücknahme in Betracht kommt, geht aus Artikel 12 Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2016/943 hervor.

4. Vernichtung der rechtsverletzenden Produkte oder

Gesetzesbegründung: Nummer 4 enthält den Anspruch des Inhabers eines Geschäftsgeheimnisses gegen den Rechtsverletzer auf Vernichtung der rechtsverletzenden Produkte. Der Anspruch setzt Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe c der Richtlinie (EU) 2016/943 um.

5. Rücknahme der rechtsverletzenden Produkte vom Markt, wenn der Schutz des Geschäftsgeheimnisses hierdurch nicht beeinträchtigt wird.

Gesetzesbegründung: Mit dem Anspruch auf Marktrücknahme nach Nummer 5 wird Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe c der Richtlinie (EU) 2016/943 umgesetzt. Der Anspruch besteht nur unter der Voraussetzung, dass der Schutz des in Frage stehenden Geschäftsgeheimnisses durch das im Vergleich zur Vernichtung mildere Mittel der Marktrücknahme nicht beeinträchtigt wird.

§ 8 Auskunft über rechtsverletzende Produkte; Schadensersatz bei Verletzung der Auskunftspflicht

Gesetzesbegründung: Die Vorschrift enthält den Anspruch des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses gegen den Rechtsverletzer auf Auskunft. Der Anspruch ist zwar nicht von der Richtlinie (EU) 2016/943 vorgegeben, dient aber dem effektiven Schutz des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses. Einen entsprechenden Anspruch enthalten auch § 19 MarkenG und § 101 UrhG. Diese Vorschriften enthalten allerdings auch einen Anspruch gegenüber Dritten. Dieser ist angesichts der Tatsache, dass es sich bei Geschäftsgeheimnissen nicht um Immaterialgüterrechte handelt, in § 8 nicht vorgesehen.

(1) Der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses kann vom Rechtsverletzer Auskunft über Folgendes verlangen:

1. Name und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der rechtsverletzenden Produkte sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren,

2. die Menge der hergestellten, bestellten, ausgelieferten oder erhaltenen rechtsverletzenden Produkte sowie über die Kaufpreise,

3. diejenigen im Besitz oder Eigentum des Rechtsverletzers stehenden Dokumente, Gegenstände, Materialien, Stoffe oder elektronischen Dateien, die das Geschäftsgeheimnis enthalten oder verkörpern, und

4. die Person, von der sie das Geschäftsgeheimnis erlangt haben und der gegenüber sie es offenbart haben.

Gesetzesbegründung: Nach Absatz 1 hat der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses gegen den Rechtsverletzer einen Anspruch auf Auskunft über die Herkunft und die Empfänger von rechtswidrig erlangten oder offenbarten Geschäftsgeheimnissen, die in den im Besitz oder Eigentum des Rechtsverletzers stehenden Dokumenten, Gegenständen, Materialien, Stoffen oder elektronischen Dateien, die das Geschäftsgeheimnis enthalten oder verkörpern sowie über den Vertriebsweg von rechtsverletzenden Produkte. Der Anspruch unterliegt nach § 9 dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall.

(2) Erteilt der Rechtsverletzer vorsätzlich oder grob fahrlässig die Auskunft nicht, verspätet, falsch oder unvollständig, ist er dem Inhaber des Geschäftsgeheimnisses zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

Gesetzesbegründung: Absatz 2 sieht mit der Schadensersatzpflicht des Rechtsverletzers Sanktionen bei falscher oder unvollständiger Auskunftserteilung vor. Eine vergleichbare Vorschrift enthalten § 101 Absatz 5 UrhG und § 19 Absatz 5 MarkenG.

§ 9 Anspruchsausschluss bei Unverhältnismäßigkeit

Gesetzesbegründung: § 9 schließt Ansprüche nach den §§ 6 bis 8 Absatz 1 aus, wenn die Rechtsfolge im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Die Regelung setzt Artikel 13 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2016/943 um. Eine vergleichbare Regelung enthält § 98 Absatz 4 UrhG. Obwohl § 8 nicht von der Richtlinie (EU) 2016/943 vorgegeben ist, ist eine Einbeziehung des Auskunftsanspruchs unter den Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit sachgemäß, da auch eine Auskunftsverpflichtung den Verpflichteten im Einzelfall stark beeinträchtigen kann. Die Aufzählung ist nicht abschließend; die Berücksichtigung anderer berechtigter Interessen ist daher möglich.

Die Ansprüche nach den §§ 6 bis 8 Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn die Erfüllung im Einzelfall unverhältnismäßig wäre, unter Berücksichtigung insbesondere

1. des Wertes oder eines anderen spezifischen Merkmals des Geschäftsgeheimnisses,

Gesetzesbegründung: Besitzt das Geschäftsgeheimnis nur einen geringen Wert, kann dies im Einzelfall dazu führen, dass umfangreiche oder kostspielige Rückrufmaßnahmen als unverhältnismäßig beurteilt werden.

2. der getroffenen Geheimhaltungsmaßnahmen,

Gesetzesbegründung: Trifft der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses nur geringfügige Maßnahmen zum Schutz des Geschäftsgeheimnisses, kann dies im Einzelfall ebenfalls zur Unverhältnismäßigkeit der Ansprüche nach den §§ 6 bis 8 Absatz 1 führen.

3. des Verhaltens des Rechtsverletzers bei Erlangung, Nutzung oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses,

Gesetzesbegründung: Nummer 3 ermöglicht eine Berücksichtigung subjektiver Komponenten beim Rechtsverletzer. So kann zum Beispiel eine fahrlässige Unkenntnis der rechtswidrigen Nutzung des Geschäftsgeheimnisses dazu führen, dass umfangreiche oder kostspielige Rückrufmaßnahmen als unangemessen beurteilt werden können.

4. der Folgen der rechtswidrigen Nutzung oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses,

Gesetzesbegründung: Nach Nummer 4 können auch die Folgen der rechtswidrigen Nutzung oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses berücksichtigt werden.

5. der berechtigten Interessen des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses und des Rechtsverletzers sowie der Auswirkungen, die die Erfüllung der Ansprüche für beide haben könnte,

Gesetzesbegründung: Nummer 5 verweist auf eine allgemeine Abwägung zwischen den berechtigten Interessen des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses und den berechtigten Interessen des Rechtsverletzers sowie den Auswirkungen, die die Erfüllung der Ansprüche für beide haben könnte. Hierbei kann jedes von der Rechtsordnung gebilligte Interesse berücksichtigt werden, auch solche wirtschaftlicher und ideeller Art. So kann beispielsweise der Anspruch auf Rückruf und Vernichtung unverhältnismäßig sein, wenn die Produkte lediglich deswegen als rechtsverletzende Produkte gelten, weil sie Gegenstand eines rechtswidrigen Marketings sind.

6. der berechtigten Interessen Dritter oder

Gesetzesbegründung: Nummer 6 verweist auf die berechtigten Interessen Dritter. Bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung des Umfangs der Ansprüche aus den §§ 6 bis 8 Absatz 1 kann zum Beispiel berücksichtigt werden, wenn Dritte auf die rechtsverletzenden Produkte angewiesen sind oder dass ein Dritter Besitzer der im Eigentum des Rechtsverletzers stehenden Ware ist.

7. des öffentlichen Interesses.

Gesetzesbegründung: Das öffentliche Interesse umfasst neben dem grundsätzlichen Interesse an der Herstellung eines rechtskonformen Zustandes auch Interessen des Staates zum Beispiel im Bereich der öffentlichen Sicherheit.

§ 10 Haftung des Rechtsverletzers

(1) Ein Rechtsverletzer, der vorsätzlich oder fahrlässig handelt, ist dem Inhaber des Geschäftsgeheimnisses zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. § 619a des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleibt unberührt.

Gesetzesbegründung: § 10 Absatz 1 enthält die Verpflichtung des Rechtsverletzers zu Schadensersatz. Voraussetzung ist, dass er vorsätzlich oder fahrlässig gegen § 4 verstoßen und damit das Geschäftsgeheimnis vorsätzlich oder fahrlässig rechtswidrig erlangt, genutzt oder offengelegt hat. Die Vorschrift setzt Artikel 14 Absatz 1 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2016/943 um. Die Beweislast für das Verschulden liegt wie im Deliktsrecht üblich bei dem Inhaber des Geschäftsgeheimnisses als Geschädigten.

Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stellt § 10 Absatz 1 Satz 2 ausdrücklich klar, dass § 619a BGB unberührt bleibt. Damit haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nur dann Ersatz für den aus der Verletzung einer Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis entstehenden Schaden zu leisten, wenn sie die Pflichtverletzung zu vertreten haben. Wird ein Schadenersatzanspruch nach § 10 Absatz 1 Satz 1 gegenüber einer Arbeitnehmerin oder einem Arbeitnehmer geltend gemacht, so hat der Arbeitgeber die Vorwerfbarkeit darzulegen und zu beweisen. Im Übrigen sind auch für Schadenersatzansprüche nach § 10 die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die beschränkte Arbeitnehmerhaftung zu beachten (vgl. grundlegend Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 27. September 1994 – GS 1/89 (A)).

(2) Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Rechtsverletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages bestimmt werden, den der Rechtsverletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Zustimmung zur Erlangung, Nutzung oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses eingeholt hätte.

Gesetzesbegründung: Nach Absatz 2 kann der Schadensersatz auch auf der Grundlage des Gewinns berechnet werden, den der Rechtsverletzer durch den Rechtsverstoß erzielt hat (Satz 1), oder auf der Grundlage einer Lizenzanalogie (Satz 2). Die Vorschrift setzt Artikel 14 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2016/943 um. Sie entspricht der im Rahmen der Immaterialgüterrechte üblichen dreifachen Schadensberechnung.

(3) Der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, von dem Rechtsverletzer eine Entschädigung in Geld verlangen, soweit dies der Billigkeit entspricht.

Gesetzesbegründung: Absatz 3 beinhaltet einen Anspruch des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses auf eine Geldentschädigung für erlittene immaterielle Nachteile, soweit dies der Billigkeit entspricht. Die Vorschrift setzt Artikel 14 Absatz 2 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2016/943 um. Eine vergleichbare Regelung existiert in § 97 Absatz 2 Satz 4 UrhG. Der Anspruch kann neben oder gesondert von einem Ersatz des Vermögensschadens geltend gemacht werden. Die Voraussetzung der Billigkeit betrifft sowohl das Bestehen des Anspruchs wie auch dessen Höhe.

§ 11 Abfindung in Geld

(1) Ein Rechtsverletzer, der weder vorsätzlich noch fahrlässig gehandelt hat, kann zur Abwendung der Ansprüche nach den §§ 6 oder 7 den Inhaber des Geschäftsgeheimnisses in Geld abfinden, wenn dem Rechtsverletzer durch die Erfüllung der Ansprüche ein unverhältnismäßig großer Nachteil entstehen würde und wenn die Abfindung in Geld als angemessen erscheint.

Gesetzesbegründung: Die Regelung privilegiert den Rechtsverletzer, der nicht schuldhaft gehandelt hat, also weder vorsätzlich noch fahrlässig. Er kann zur Abwendung eines Anspruches nach den §§ 6 oder 7 den Inhaber des Geschäftsgeheimnisses in Geld abfinden, wenn ihm durch die Erfüllung der Ansprüche ein unverhältnismäßig großer Nachteil entstehen würde und wenn die Abfindung für den Inhaber des Geschäftsgeheimnisses in Geld als angemessen erscheint.

Die Regelung setzt Artikel 13 Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2016/943 um. Sie soll verhindern, dass Fälle, in denen die Rechtsverletzung nur versehentlich erfolgt ist, zu einer unbilligen Vernichtung wirtschaftlicher Werte oder einer unbilligen Behinderung von Wettbewerb und Innovation führen. Sie stellt damit ein Gegengewicht dar zu den Ansprüchen aus den §§ 6 und 7, die grundsätzlich kein Verschulden voraussetzen. Eine vergleichbare Regelung besteht mit § 100 UrhG.

Der Rechtsverletzer wird nur dann nach § 11 befreit, wenn er eine Abfindung anbietet. Voraussetzung für die Abfindung ist, dass dem Rechtsverletzer durch die Erfüllung der Ansprüche aus den §§ 6 und 7 ein unverhältnismäßig großer Nachteil entstehen würde. Das kann dann vorliegen, wenn lediglich ein geringer rechtsverletzender Teil in einem Produkt enthalten ist und dieser nur über eine sehr kostspielige Änderung entfernt werden könnte, insbesondere wenn die Kosten der Änderung weit über der üblicherweise für die Nutzung des Geschäftsgeheimnisses zu zahlenden Lizenzgebühr liegen würden.

Zuletzt muss die Abfindung in Geld dem Inhaber des Geschäftsgeheimnisses als angemessen erscheinen. Hierfür ist eine Einzelabwägung der Interessen beider Seiten vorzunehmen.

(2) Die Höhe der Abfindung in Geld bemisst sich nach der Vergütung, die im Falle einer vertraglichen Einräumung des Nutzungsrechts angemessen wäre. Sie darf den Betrag nicht übersteigen, der einer Vergütung im Sinne von Satz 1 für die Länge des Zeitraums entspricht, in dem dem Inhaber des Geschäftsgeheimnisses ein Unterlassungsanspruch zusteht.

Gesetzesbegründung: Absatz 2 regelt die Bedingungen des Rechts auf Zahlung einer Abfindung nach Absatz 1. Für die Höhe des zu zahlenden Betrages ist nach Satz 1 maßgeblich, was üblicherweise im Rahmen einer Lizenz zu zahlen wäre. Nach Satz 2 ist höchstens der Betrag zu zahlen, den der Inhaber in derselben Dauer des Zeitraumes in dem er dem Rechtsverletzer die Nutzung des Geschäftsgeheimnisses hätte untersagen können, im Rahmen einer Lizenzvereinbarung erlangt hätte.

§ 12 Haftung des Inhabers eines Unternehmens

Ist der Rechtsverletzer Beschäftigter oder Beauftragter eines Unternehmens, so hat der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses die Ansprüche nach den §§ 6 bis 8 auch gegen den Inhaber des Unternehmens. Für den Anspruch nach § 8 Absatz 2 gilt dies nur, wenn der Inhaber des Unternehmens vorsätzlich oder grob fahrlässig die Auskunft nicht, verspätet, falsch oder unvollständig erteilt hat.

Gesetzesbegründung: § 12 sieht die Haftung des Inhabers eines Unternehmens für Ansprüche nach den §§ 6 bis 8 vor, wenn das Geschäftsgeheimnis im Unternehmen von einem Beschäftigten oder Beauftragten rechtswidrig verletzt worden ist. Vergleichbare Regelungen bestehen mit § 8 Absatz 2 UWG, § 44 DesignG und § 14 Absatz 7 MarkenG.

Die Regelung soll verhindern, dass sich der Inhaber eines Unternehmens bei Verletzungen von Geschäftsgeheimnissen den Ansprüchen des Verletzten deswegen entziehen kann, weil er an der Rechtsverletzung nicht selbst beteiligt war, sondern seine Mitarbeiter tätig geworden sind. Das wäre grundsätzlich möglich, da § 4 Absatz 3 das Verbot einer Erlangung, Nutzung oder Offenlegung bei einem Erhalt des Geschäftsgeheimnisses über Dritte davon abhängig macht, dass der Handelnde entweder vorsätzlich handelt oder fahrlässig nicht weiß, dass ein Verstoß gegen § 4 Absatz 1 oder 2 vorliegt.

Voraussetzung für die Haftung des Inhabers eines Unternehmens über § 12 ist, dass der Rechtsverletzer die Verletzungshandlung in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang mit den von ihm wahrgenommenen Aufgaben im Unternehmen begangen hat. Ein Handeln für einen Dritten oder im eigenen Interesse reicht nicht aus. Auf ein Verschulden des Inhabers des Unternehmens kommt es nicht an. Die Haftung ist akzessorisch an Ansprüche gegen den Rechtsverletzer geknüpft. Leistet der Rechtsverletzer eine Abfindung in Geld nach § 11, können die Ansprüche gegen den Inhaber des Unternehmens nicht geltend gemacht werden. Genauso kann sich der Inhaber eines Unternehmens auf § 11 berufen, wenn der Rechtsverletzer die Voraussetzungen dieser Regelung erfüllt.

Nach Satz 2 gilt die Zurechnung zu dem Inhaber des Unternehmens für den Anspruch aus § 8 Absatz 2 nur, wenn der Inhaber des Unternehmens vorsätzlich oder grob fahrlässig die Auskunft falsch oder unvollständig erteilt hat. Das trägt der Tatsache Rechnung, dass der Schadensersatzanspruch nach § 8 Absatz 2 anders als die Ansprüche nach den §§ 6 bis 8 Absatz 1 ein Verschulden voraussetzt. Um den Schadensersatzanspruch nach § 8 Absatz 2 auch gegen den Inhaber des Unternehmens ausüben zu können, muss ein Organ, ein Beschäftigter oder Beauftragter die Auskunft vorsätzlich oder grob fahrlässig erteilt haben und diese Art der Auskunftserteilung muss dem Inhaber des Unternehmens zugerechnet werden können.

Auf den Anspruch aus § 10 wird nicht verwiesen, weil dieser anders als die Ansprüche nach den §§ 6 bis 8 Verschulden voraussetzen. Der Anspruch auf Schadensersatz ist jedoch durch § 12 nicht ausgeschlossen, sondern kann sich über die allgemeinen gesetzlichen Regelungen ergeben, zum Beispiel wenn dem Inhaber des Unternehmens die Verletzung des Geschäftsgeheimnisses zuzurechnen ist und dieser schuldhaft gehandelt hat. Von der Haftung des Unternehmensinhabers bleibt eine Haftung des Beschäftigten oder Beauftragten oder Angestellten selbst unberührt.

§ 13 Herausgabeanspruch nach Eintritt der Verjährung

Hat der Rechtsverletzer ein Geschäftsgeheimnis vorsätzlich oder fahrlässig erlangt, offengelegt oder genutzt und durch diese Verletzung eines Geschäftsgeheimnisses auf Kosten des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses etwas erlangt, so ist er auch nach Eintritt der Verjährung des Schadensersatzanspruchs nach § 10 zur Herausgabe nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet. Dieser Anspruch verjährt sechs Jahre nach seiner Entstehung.

Gesetzesbegründung: § 13 ist lex specialis zu § 852 BGB. Die Vorschrift regelt einen Herausgabeanspruch gegen den Rechtsverletzer in den Fällen, in denen ein Geschäftsgeheimnis wegen eines Verstoßes gegen § 4 rechtswidrig und schuldhaft durch den Rechtsverletzer erworben, offengelegt oder genutzt wurde. Der Anspruch nach § 13 ist wie der Anspruch nach § 852 BGB auf das beschränkt, was der Rechtsverletzer auf Grund der rechtswidrigen Erlangung, Offenlegung oder Nutzung des Geschäftsgeheimnisses auf Kosten des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses erlangt hat. Für den Anspruch wird eine Verjährungsfrist von sechs Jahren festgeschrieben, da Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2016/943 lediglich Verjährungsfristen von höchstens sechs Jahren erlaubt. Wegen dieser verjährungsrechtlichen Besonderheiten war eine analoge Anwendung von § 852 BGB nicht möglich.

§ 14 Missbrauchsverbot

Die Geltendmachung der Ansprüche nach diesem Gesetz ist unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist. Bei missbräuchlicher Geltendmachung kann der Anspruchsgegner Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen. Weitergehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.

Gesetzesbegründung: Satz 1 schützt die von einer Klage oder Abmahnung Betroffenen vor einer missbräuchlichen Inanspruchnahme auf Grund von Ansprüchen wegen der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen. Die Vorschrift setzt Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2016/943 um. Eine vergleichbare Vorschrift existiert mit § 8 Absatz 4 UWG.

Ob eine Abmahnung oder Klage missbräuchlich ist, ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben aus § 242 BGB unter Berücksichtigung der gesamten Umstände zu entscheiden. § 8 Absatz 4 Satz 1 UWG nennt als Beispiel für einen Missbrauch das Ziel, gegen den Zuwiderhandelnden vorwiegend einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. In der Richtlinie (EU) 2016/943 werden in Erwägungsgrund 22 als weitere Beispiele genannt, dass Ansprüche gestellt werden, um den Marktzugang des Antragsgegners in unbilliger Weise zu verzögern oder zu beschränken oder ihn auf andere Weise einzuschüchtern oder ihm Schwierigkeiten zu bereiten.

Satz 2 enthält Gegenansprüche des Abgemahnten oder Beklagten. Liegt eine missbräuchliche Geltendmachung von Ansprüchen vor, kann er Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen. Satz 3 weist darauf hin, dass andere Ersatzansprüche ebenfalls bestehen können. Hier kommen zum Beispiel Ansprüche nach den §§ 823 ff. BGB in Betracht.

§ 15 Sachliche und örtliche Zuständigkeit; Verordnungsermächtigung

Gesetzesbegründung: § 15 regelt die sachliche und örtliche Zuständigkeit und betrifft den Fall, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet ist. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten bleibt unberührt, so dass die Regelungen zu Verfahren in Geschäftsgeheimnisstreitsachen auch dort Anwendung finden.

(1) Für Klagen vor den ordentlichen Gerichten, durch die Ansprüche nach diesem Gesetz geltend gemacht werden, sind die Landgerichte ohne Rücksicht auf den Streitwert ausschließlich zuständig.

Gesetzesbegründung: § 15 Absatz 1 weist Streitigkeiten, durch die ein Anspruch aus dem GeschGehG vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht wird, ausschließlich den Landgerichten zu. Die Regelung orientiert sich an § 13 Absatz 1 Satz 1 UWG und § 143 Absatz 1 PatG. Auf Grund der Gemeinsamkeiten des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen mit dem Recht gegen den unlauteren Wettbewerb ist die Nutzung der wettbewerbsrechtlichen Erfahrung und Sachkunde der Landgerichte angemessen.

(2) Für Klagen nach Absatz 1 ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Hat der Beklagte im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, ist nur das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen worden ist.

Gesetzesbegründung: Absatz 2 regelt die örtliche Zuständigkeit für die ordentlichen Gerichte ausschließlich anhand des allgemeinen Gerichtsstands des Beklagten. Der allgemeine Gerichtsstand einer Person bestimmt sich nach den §§ 13 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) grundsätzlich nach seinem Wohnsitz oder Sitz. Hat der Beklagte keinen allgemeinen Gerichtsstand, ist nach Satz 2 nur das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen worden ist.

(3) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung einem Landgericht die Klagen nach Absatz 1 der Bezirke mehrerer Landgerichte zuzuweisen. Die Landesregierungen können diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Die Länder können außerdem durch Vereinbarung die den Gerichten eines Landes obliegenden Klagen nach Absatz 1 insgesamt oder teilweise dem zuständigen Gericht eines anderen Landes übertragen.

Gesetzesbegründung: Absatz 3 enthält eine Konzentrationsermächtigung für die Landesregierungen, durch Rechtsverordnung die Klagen für die Bezirke mehrerer Landgerichte einem von ihnen zuzuweisen. Die Regelung entspricht § 143 Absatz 2 PatG.

Die Ermächtigung ermöglicht den Ländern, richterliche Sachkunde zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen, insbesondere unter Berücksichtigung der besonderen prozessualen Regeln, zu zentralisieren. Damit kann die richterliche Sachkunde effektiver und arbeitsökonomischer ausgeübt werden. Die Landesregierung kann die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Die Länder können außerdem durch Vereinbarung den Gerichten eines Landes obliegenden Geschäftsgeheimnisstreitsachen insgesamt oder teilweise dem zuständigen Gericht eines anderen Landes übertragen. Bei der Vereinbarung muss es sich um einen Staatsvertrag handeln.

§ 16 Geheimhaltung

(1) Bei Klagen, durch die Ansprüche nach diesem Gesetz geltend gemacht werden (Geschäftsgeheimnisstreitsachen) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag einer Partei streitgegenständliche Informationen ganz oder teilweise als geheimhaltungsbedürftig einstufen, wenn diese ein Geschäftsgeheimnis sein können.

Gesetzesbegründung: Absatz 1 enthält die Möglichkeit, streitgegenständliche Informationen ganz oder teilweise als geheimhaltungsbedürftig einzustufen, wenn diese ein Geschäftsgeheimnis darstellen können.

Für die Einstufung der streitgegenständlichen Informationen als geheimhaltungsbedürftig ist der Antrag einer Partei erforderlich. Nach § 20 Absatz 3 ist die Glaubhaftmachung der Geschäftsgeheimniseigenschaft durch den Antragsteller ausreichend. Eine besondere Schutzbedürftigkeit des Geschäftsgeheimnisses ist nicht erforderlich.

Die Verpflichtung zur Geheimhaltung sowie der umfassende von der Geheimhaltungspflicht betroffene Personenkreis erweitern den Schutz der Inhaber von Geschäftsgeheimnissen vor einer Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses während eines öffentlichen Verfahrens. Nach bisheriger Rechtslage ist die Anordnung einer Geheimhaltung von Geschäftsgeheimnissen lediglich über § 174 Absatz 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) möglich. Diese Regelung greift jedoch erst ab der mündlichen Verhandlung, nicht bereits ab Klageeinreichung, und untersagt lediglich die spätere Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses, nicht jedoch eine Nutzung. Die Verwehrung einer Akteneinsicht an Dritte nach § 299 Absatz 2 der Zivilprozessordnung betrifft nur Dritte, nicht die Verfahrensbeteiligten, und lediglich den Teilbereich der Akteneinsicht. Die richterliche Anordnung der Geheimhaltungsbedürftigkeit schlägt auf die Justizverwaltung durch, zum Beispiel bei der Akteneinsicht. Bei der Verletzung der Geheimhaltungspflicht kommen Schadensersatzansprüche in Betracht, unter Umständen auch beamten- oder berufsrechtliche Sanktionen.

(2) Die Parteien, ihre Prozessvertreter, Zeugen, Sachverständige, sonstige Vertreter und alle sonstigen Personen, die an Geschäftsgeheimnisstreitsachen beteiligt sind oder die Zugang zu Dokumenten eines solchen Verfahrens haben, müssen als geheimhaltungsbedürftig eingestufte Informationen vertraulich behandeln und dürfen diese außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens nicht nutzen oder offenlegen, es sei denn, dass sie von diesen außerhalb des Verfahrens Kenntnis erlangt haben.

Gesetzesbegründung: Hat das Gericht die streitgegenständlichen Informationen als geheimhaltungsbedürftig eingestuft, sind nach Absatz 2 alle Personen, die an dem Verfahren beteiligt sind oder Zugang zu den Dokumenten besitzen, die Teil des Verfahrens sind, verpflichtet, diese Informationen vertraulich zu behandeln. Sie dürfen diese außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens weder nutzen noch offenlegen. Die Verpflichtung gilt nicht für den Inhaber des Geschäftsgeheimnisses. Zugleich wird klargestellt, dass die streitgegenständlichen Informationen in gerichtlichen Verfahren verwertbar sind. Die Verpflichtungen bestehen unabhängig von anderen Vertraulichkeitsverpflichtungen, wie zum Beispiel der Verschwiegenheitsverpflichtung von Beamten. Richterinnen und Richter, Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger können die als vertraulich eingestuften Informationen jedoch im Bereich ihrer Aufgaben verwenden und diese zum Beispiel zur Grundlage eines Beweisbeschlusses machen oder im Urteil hierauf eingehen.

Die Verpflichtungen bestehen allerdings nur, wenn die genannten Personen Kenntnis von den streitgegenständlichen Informationen über das Verfahren erhalten haben. Entsprechend bestehen die Verpflichtungen nicht, wenn die genannten Personen anderweitig von dem Inhalt eines Geschäftsgeheimnisses erfahren haben. In diesem Fall gelten lediglich die Vorschriften des Abschnittes 1 des GeschGehG.

(3) Wenn das Gericht eine Entscheidung nach Absatz 1 trifft, darf Dritten, die ein Recht auf Akteneinsicht haben, nur ein Akteninhalt zur Verfügung gestellt werden, in dem die Geschäftsgeheimnisse enthaltenden Ausführungen unkenntlich gemacht wurden.

Gesetzesbegründung: Absatz 3 ergänzt das Akteneinsichtsrecht von Dritten bei einer Einstufung nach Absatz 1.