Online-Meetings sind im Berufsalltag längst unverzichtbar geworden – von Projektbesprechungen bis hin zu Vertragsverhandlungen finden zahlreiche Termine virtuell statt. Doch wie können wir diese Treffen effizienter gestalten, ohne in rechtliche Stolperfallen zu geraten?
Künstliche Intelligenz (KI) verspricht hierbei eine enorme Arbeitserleichterung: Mithilfe spezieller Tools lassen sich Gespräche automatisch verschriftlichen, was die Protokollierung und spätere Nachbereitung deutlich vereinfacht. Allerdings sollte der Einsatz solcher Lösungen gut durchdacht sein, da hier sowohl strafrechtliche als auch datenschutzrechtliche Vorgaben zu beachten sind.
1. Strafrechtliche Aspekte und die Bedeutung des § 201 StGB
Sobald Gespräche ohne Kenntnis oder Einwilligung der Teilnehmenden aufgezeichnet oder transkribiert werden, kann dies gegen § 201 StGB verstoßen. Diese Vorschrift schützt das nichtöffentlich gesprochene Wort und stellt heimliche Aufnahmen unter Strafe.
Eine wesentliche Frage ist dabei, ob bereits die bloße Nutzung eines KI-Dienstes zur Transkription als „Aufzeichnung“ gilt. In der Praxis befinden wir uns hier in einer rechtlichen Grauzone, bei der besondere Vorsicht geboten ist. Denn auch wenn die eigentliche Audioaufnahme nicht dauerhaft gespeichert wird, kann schon das kurze Erfassen oder Zwischenspeichern zur automatisierten Transkription als potenzielles „Aufzeichnen“ gewertet werden.
- Keine heimliche Aufnahme: Sämtliche Personen im Meeting müssen vorher wissen, dass Inhalte erfasst und verarbeitet werden. Aus strafrechtlicher Sicht ist es unerheblich, ob die Aufnahme nur kurz zwischengespeichert oder dauerhaft gespeichert wird.
- Einwilligung aller Beteiligten: Sind die Teilnehmenden im Vorfeld ausdrücklich informiert und haben zugestimmt, kann das Risiko einer strafrechtlichen Verfolgung minimiert werden.
Gerade in betrieblichen Umgebungen ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Treffen nicht öffentlich sind. Daher ist ein Einverständnis aller Teilnehmenden zwingende Voraussetzung für jede Art der Aufzeichnung oder Transkription.
2. Datenschutzrechtliche Anforderungen nach der DSGVO
Neben dem Strafrecht spielt die DSGVO eine entscheidende Rolle bei der Nutzung von KI-Tools zur Protokollierung. Denn sobald personenbezogene Daten verarbeitet werden, greift die europäische Datenschutz-Grundverordnung. Besonders wichtig sind dabei:
- Rechtsgrundlage nach Art. 6 DSGVO: Häufig erfolgt die Verarbeitung auf Basis einer Einwilligung oder eines berechtigten Interesses. Wird eine Einwilligung herangezogen, muss diese freiwillig, informiert und nachweisbar sein. Ein berechtigtes Interesse hingegen bedarf einer sorgfältigen Abwägung.
- Grundsätze des Art. 5 DSGVO: Dazu zählen insbesondere die Zweckbindung (Verarbeitung nur für zuvor festgelegte Zwecke), Datenminimierung (nur notwendige Informationen erfassen) sowie Speicherbegrenzung (Löschfristen festlegen und einhalten).
- Auftragsverarbeitung nach Art. 28 DSGVO: Wer externe Dienstleister für die KI-betriebene Transkription einbindet, benötigt in der Regel einen Auftragsverarbeitungsvertrag, der sicherstellt, dass die Datenverarbeitung vollständig DSGVO-konform erfolgt.
3. Praxisleitfaden: So gelingt ein rechtssicherer Einsatz von KI-Tools
Um KI-gestützte Protokollierung rechtskonform zu gestalten, empfiehlt es sich, einige wesentliche Schritte zu beachten:
- Transparente Kommunikation: Bereits in der Einladung zum Online-Meeting sollte deutlich werden, dass ein KI-Tool eingesetzt wird, um das Gespräch zu protokollieren. So haben die Teilnehmenden Gelegenheit, vorab zu entscheiden, ob sie damit einverstanden sind.
- Einwilligung oder Alternative: Die sicherste Variante ist die ausdrückliche Einwilligung aller Beteiligten. Ist das in einem bestimmten Kontext nicht realisierbar, braucht es eine tragfähige Rechtsgrundlage und gegebenenfalls die Möglichkeit zum Widerspruch.
- Datensparsamkeit: Es sollte nur das aufgezeichnet werden, was zwingend erforderlich ist. Unnötige Informationen oder private Aspekte haben im Transkript nichts zu suchen.
- Schutz der aufgezeichneten Daten: Eine Verschlüsselung der Dateien ist ebenso unerlässlich wie der Einsatz sicherer Speicherorte und strenger Zugriffsrechte.
- Lösch- und Aufbewahrungsfristen: Steht der Verwendungszweck fest, sollten die Daten nicht länger aufbewahrt werden, als für diesen Zweck notwendig.
4. Fazit: Chancen nutzen, Fallstricke vermeiden
Künstliche Intelligenz kann Unternehmen und Organisationen bei der Protokollierung von Online-Meetings spürbar entlasten. Allerdings muss klar sein, dass dafür strafrechtliche und datenschutzrechtliche Vorgaben zu berücksichtigen sind. Heimliche Aufzeichnungen sind tabu, und es braucht die Einwilligung aller Teilnehmenden, um rechtliche Risiken zu verringern. Wer darüber hinaus die Vorgaben der DSGVO einhält, schützt nicht nur die eigene Organisation, sondern auch die Persönlichkeitsrechte aller Beteiligten.
Wer sich also fragt, „Darf man KI Protokoll führen lassen?“ oder „Darf man KI mitschreiben lassen?“, findet die Antwort in einer transparenten Handhabung und der Einhaltung aller rechtlichen Anforderungen. Mit einem sorgfältigen Konzept und offener Kommunikation lässt sich das Potenzial von KI-Tools voll ausschöpfen, ohne in Konflikt mit geltenden Gesetzen zu geraten. Auf diese Weise wird die digitale Zusammenarbeit nicht nur effizienter, sondern bleibt auch rechtssicher.