§ 1 Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor unerlaubter Erlangung, Nutzung und Offenlegung.

(2) Öffentlich-rechtliche Vorschriften zur Geheimhaltung, Erlangung, Nutzung oder Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen gehen vor.

Gesetzesbegründung: Absatz 2 Satz 1 regelt den Anwendungsvorrang von öffentlich-rechtlichen Vorschriften zur Geheimhaltung, Erlangung, Nutzung oder Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen. Das GeschGehG regelt die Rechtsfolgen der Erlangung, Nutzung und Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen zwischen Privaten, nicht aber das Verhältnis zwischen Privaten und öffentlichen Stellen. Daher ist das Gesetz beispielsweise nicht anwendbar auf Informationsansprüche gegen staatliche Stellen, öffentlich-rechtliche Vorschriften zur Geheimhaltung von Geschäftsgeheimnissen oder Verschwiegenheitspflichten für Angehörige des öffentlichen Dienstes (siehe auch Erwägungsgründe 11 und 18 der Richtlinie (EU) 2016/943). Dies gilt auch für eine abweichende Definition des Geschäftsgeheimnisses in öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Es gilt zudem nicht für die Verschwiegenheitspflichten der Notare, da diese Träger eines öffentlichen Amtes sind. Die Regelung setzt u.a. Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe c der Richtlinie (EU) 2016/943 um. Damit wird u.a. klargestellt, dass eine Anwendung des Gesetzes im Anwendungsbereich der in Deutschland geltenden Vorschriften zum Zugang zu Umweltinformationen ausge-schlossen ist. Die umweltinformationsrechtlichen Vorschriften regeln abschließend, wann staatliche und private informationspflichtige Stellen Umweltinformationen, die Geschäftsgeheimnisse enthalten, herauszugeben oder dies abzulehnen haben. Die Vorschriften beruhen auf der Umweltinformations-Richtlinie 2003/4/EG sowie dem dahinterstehenden Übereinkommen vom 25. Juni 1998 über den Zugang zu Umweltinformationen, die Öffent-lichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umwelt-angelegenheiten (Aarhus-Übereinkommen). Das Aarhus-Übereinkommen ist von allen EU-Mitgliedstaaten sowie der EU ratifiziert und entfaltet damit nicht nur völkerrechtliche, sondern als Teil des Unionsrechts auch unionsrechtliche Bindungswirkung.

(3) Es bleiben unberührt:

1. der berufs- und strafrechtliche Schutz von Geschäftsgeheimnissen, deren unbefugte Offenbarung von § 203 des Strafgesetzbuches erfasst wird,

Gesetzesbegründung: Absatz 3 Nummer 1 macht deutlich, dass der berufs- und strafrechtliche Schutz von Geschäftsgeheimnissen, deren unbefugte Offenbarung von § 203 des Strafgesetzbuches (StGB) erfasst wird, unberührt bleibt. Das GeschGehG regelt den Schutz von Geschäftsgeheimnissen, lässt jedoch anderweitige Verpflichtungen unberührt, die sich zum Beispiel aus dem Schutz der Geheimsphäre des Einzelnen sowie dem Allgemeininteresse an der Verschwiegenheit der in Krankheit und Rechtsfragen helfenden Berufe ergeben.

2. die Ausübung des Rechts der freien Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit nach der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 202 vom 7.6.2016, S. 389), einschließlich der Achtung der Freiheit und der Pluralität der Medien,

Gesetzesbegründung: Absatz 3 Nummer 2 stellt klar, dass die Ausübung des Rechts der freien Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit nach der Charta der Grundrechte der Europäischen Union einschließlich der Achtung der Freiheit und der Pluralität der Medien, unberührt bleibt. Die Regelung setzt Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie (EU) 2016/943 um.

3. die Autonomie der Sozialpartner und ihr Recht, Kollektivverträge nach den bestehenden europäischen und nationalen Vorschriften abzuschließen;

Gesetzesbegründung: Ebenfalls unberührt durch das GeschGehG bleiben die Autonomie der Sozialpartner und ihr Recht, Kollektivverträge nach den bestehenden europäischen und nationalen Vorschriften abzuschließen. Die Regelung setzt Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe d der Richtlinie (EU) 2016/943 um.

4. die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis und die Rechte der Arbeitnehmervertretungen.

Gesetzesbegründung:
Durch § 1 Absatz 3 Nummer 4 wird der spezielle Vorrang rechtsgeschäftlicher Vereinbarungen in Ar-beitsverträgen sowie spezialgesetzlicher arbeitsrechtlicher Regelungen im Bereich der Mitbestimmung klargestellt. Die Vorschrift flankiert den in § 3 Absatz 2 angeordneten generellen Vorrang von rechtsgeschäftlichen und spezialgesetzlichen Sonderregelungen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Sie trägt zudem Erwägungsgrund 18 der Richtlinie (EU) 2016/943 Rechnung, der die Rechtmäßigkeit der Offenlegung von Geheimnissen insbesondere im Rahmen der betrieblichen Mitbestimmung besonders hervorhebt.

Die Formulierung „Rechte der Arbeitnehmervertretungen“ ist weit zu verstehen. Sie umfasst sämtliche den Arbeitnehmervertretern zustehenden Rechte insbesondere auf Basis des Betriebsverfassungsgesetzes oder den Regelungen zur Mitbestimmung auf Unternehmensebene sowie die dazu ergangene bisherige und künftige Rechtsprechung.

Die Einfügung eines speziellen arbeitsrechtlichen Vorrangs nimmt Bezug auf die Auslegungsregel zur Gewährleistung der beruflichen Mobilität der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie. Insbesondere dürfen die Anforderungen der bestehenden arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung an die Vereinbarung von Karenzzeiten nicht unterlaufen werden.